Unbeachtet durch die Corona-Pandemie erhalten viele Halter von Fahrzeugen aus dem Volkswagen-Konzern „Vergleichsangebote“, wenn sie an der Sammelklage teilgenommen haben.

Aus diesem Grund möchten wir einmal kurz allen Betroffenen die bisherigen Erfahrungen in mehreren Mandaten schildern:

Das Vorgehen läuft dabei bei allen Teilnehmern gleich ab. Man erhält einen kryptischen Brief von Volkswagen, der einem mitteilt, dass Volkswagen möglicherweise ein Vergleichsangebot macht. Die Voraussetzungen dafür oder dagegen finden sich auf 4 Seiten, die als Anlage an dem Schreiben beigefügt sind.

Eine Vergleichssumme findet sich in dem Schreiben nicht!

Es ist also völlig offen, ob man wirklich ein „Vergleichsangebot“ (warum ich das in Anführungszeichen schreibe, dazu weiter unten) erhält.

Am Wichtigsten ist in diesem Schreiben auf der ersten Seite der Link zur Seite www.mein-vw-vergleich.de mit einem Nutzernamen MFK-XXXXXX sowie einem Passwort. Geht man auf die Vergleichsseite, kommt erstmal eine relativ unspektakuläre Webseite, auf der man die Daten eingeben muss.

Aber dann legt Volkswagen los. Man muss erst einmal bestätigen, dass man die Datenschutzerklärung und eine 5-seitige Verbraucherinformation gelesen hat, bevor man ein neues Passwort eingeben und seine E-Mail-Adresse hinterlegen kann.

Diese Anmeldung kann von jedem Teilnehmer selbst durchgeführt werden. Wir haben sie auf Bitten unserer Mandanten schon ein paar Mal für diese vorgenommen. Der Vorgang ist immer exakt gleich. Das Spannendste ist auf dieser Seite meiner Meinung nach auch nur die Verbraucherinformation, denn dort zeigt sich, dass der Teufel im Detail steckt.

Denn nicht Volkswagen macht ein Angebot, sondern Sie sollen ein Angebot an Volkswagen machen und Volkswagen behält sich dann vor, dieses anzunehmen oder abzulehnen. Daher lediglich ein „Vergleichsangebot“. Denn rechtlich ist es nichts anderes als die Aufforderung von VW an Sie, ein Angebot zu vorher festgelegten Konditionen abzugeben. Juristen nennen dies „invitatio ad offerendum“. Allgemein bekannt als Werbung.

Wenn Volkswagen das Angebot annimmt, bedeutet dies:

  • Alle Ansprüche sind erledigt (spätere Rückgabe, höhere Zahlungen o. Ä. sind ausgeschlossen). Das kann auch Probleme nach einem Update am Motor betreffen!
  • Sie müssen die Klage gegen Volkswagen zurücknehmen.
  • Volkswagen zahlt einen Einmalbetrag innerhalb eines Zeitraums von 12 Wochen.
  • Es werden die Kosten für die Klagerücknahme ersetzt.
  • Es werden 190,- € netto Anwaltskosten ersetzt, wenn man sich wegen des Vergleichs beraten lässt und diesen dann annimmt. (Achtung: Das ist die Erstberatungsgebühr für ein Beratungsgespräch. Wird ein Schreiben erstellt, fällt die volle Gebühr an. Hier helfen Rechtsschutzversicherungen!)

Aus Sicht von Anwälten von betroffenen Haltern: Eine eher einseitige Regelung.

Aber weiter auf der Vergleichsseite von VW:

Nach Eintragung eines Passwortes und einer E-Mail-Adresse erhält man eine Bestätigungsmail, mit welcher man „seine“ Seite aktivieren kann. Mit der MFK-Nummer sowie dem neuen Passwort kann man sich nach der Bestätigung sodann auf der mein-vw-vergleich-Seite wieder anmelden.

Wer hofft, jetzt Zahlen zu sehen, wird wieder enttäuscht.

Man wird auf eine Seite geleitet, auf welcher erst einmal Name und Adresse abgefragt werden. Klickt man auf „Weiter“, gelangt man zu einem neuen Eingabefeld, in welchem die FIN des betroffenen Fahrzeuges eingetragen werden muss.

Wenn man danach auf „Weiter“ klickt, hat man es geschafft und man sieht eine Zahl, die Volkswagen als mögliches Vergleichsangebot vorschlägt.

Denken Sie daran, das soll die Summe sein, die Sie Volkswagen vorschlagen!

Weiter haben wir bisher nicht geklickt, sondern an diesem Punkt aufgehört, da wir selbstverständlich erstmal die Angebote mit unseren Mandanten besprechen und danach VW schriftlich kontaktieren.

Volkswagen lässt im Rahmen der Vergleiche offen, welche Bewertungsmaßstäbe herangezogen werden.

Da bei mehreren baugleichen Fahrzeugen unserer Mandanten Summen zwischen 2.500,- € – 3.500,- € vorgeschlagen wurden, deren Laufleistung teilweise um 100.000km auseinander lag, ist die Laufleistung wohl kein Kriterium. Auch das Alter scheint erstmal zweitrangig zu sein.

Denkbar sind u. a. die Ausstattung des Fahrzeuges, Motorleistung sowie mögliche maximale Laufleistung. Diese Kriterien können über die FIN eines Fahrzeuges abgefragt werden bzw. die maximale Laufleistung wird Volkswagen bekannt sein.

Interessant sind die vorgeschlagenen Zahlungen wohl für diejenigen Halter, die ihre Fahrzeuge behalten möchten, diese vergleichsweise günstig erworben haben und die Fahrzeuge bereits eine hohe Laufleistung aufweisen. Und für diejenigen Halter, die mit der Angelegenheit abschließen wollen und/oder keine Rechtsschutzversicherung haben (wobei es auch hierfür Möglichkeiten gibt).

Für Halter, die die Fahrzeuge zurückgeben wollen, sind die Vergleiche uninteressant. Ebenso für Halter mit jüngeren Fahrzeugen und weniger Laufleistung, bei denen der Wertverlust höher ist. In diesen Fällen haben Einzelklagen in der Vergangenheit vielfach zu höheren Zahlungen geführt.

In jedem Fall empfiehlt es sich, sich von einem Anwalt, der bereits mit diesen Verfahren zu tun hatte, beraten zu lassen, ob die von VW vorgeschlagenen Zahlungen angemessen sind oder nicht.

Wenn es bei einer Erstberatung bleibt, belaufen sich die Kosten bei Verbrauchern dabei auf 190,- € netto. Nimmt man den Vergleich nach dem Gespräch an, muss VW diese Kosten übernehmen.

Viel Erfolg bei den Vergleichsverhandlungen.

 

Aachen im April 2020
Matthias Draheim
Rechtsanwalt
Schwerpunkte: Verkehrsrecht, IT-Recht, gewerblicher Rechtsschutz