AGB-„Verbesserung“ und Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen:
Zu Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker! Diesen Hinweis kennen wir alle im Zusammenhang mit Medikamenten.
Aber auch die Nebenwirkungen einzelner Gesetze sollten Beachtung finden, insbesondere die Nebenwirkungen sich oft – wie das bei Nebenwirkungen halt ist – erst später zeigen und nicht zwingend beabsichtigt (gewesen) sind.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts zur Neufassung des § 309 Nr. 13 Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) hat der Gesetzgeber nunmehr für Schuldverhältnisse solche Formerfordernisse verboten, die für Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als die Textform vorsehen (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 8, ausgegeben zu Bonn am 23. Februar 2016).
Ab dem 01.10.2016 ist dementsprechend in AGB grundsätzlich maximal das Erfordernis der Textform zulässig. Dies hat für sog. Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen, die standardmäßig in jeden Arbeitsvertrag gehören und zu finden sind, erhebliche Auswirkungen.
Eine Ausschlussklausel regelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, beispielweise die Abgeltung von Überstunden, Freizeitausgleich pp., nach der Fälligkeit des Anspruchs innerhalb einer festgelegten Ausschlussfrist geltend gemacht werden müssen. Geschieht dies nicht, verfallen die Ansprüche. Die aktuellen üblichen Ausschlussklauseln verlangen, dass solche Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden müssen.
Der aktuelle – bald alte – § 309 Nr. 13 BGB verbietet grundsätzlich nur solche Formerschwernisse, die für Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als Schriftform vorsehen.
Dieses Schriftformerfordernis bedeutet aber nicht, dass die Geltendmachung von Ansprüchen durch eine handschriftliche Unterzeichnung auf einer Urkunde geltend gemacht werden muss, sondern es sich nur um eine zwischen den Parteien vereinbarte Schriftform handelt, die den deutlich weniger strengen Vorschriften des § 127 BGB unterliegt.
Deshalb reicht es im Zweifel nach § 127 Abs. 2 BGB eigentlich aus, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch mittels telekommunikativer Übermittlung (per eMail oder Fax), also auch schon nach aktueller Rechtslage, in Textform geltend macht.
In § 309 Nr. 13 BGB und dem Arbeitsvertrag steht also Schriftform, ausreichend ist aber bereits jetzt die Textform.
Warum also die Änderung und warum sollte dies Auswirkungen auf die Ausschlussklauseln haben?
Der Verbraucher kann nicht klar erkennen, was von ihm verlangt wird!
Zukünftig ist in AGB maximal die Textform zulässig und damit klargestellt. Ausschlussklauseln mit dem bisher üblichem Schriftformerfordernis erwecken aber den Eindruck mehr zu verlangen und werden ab dem 01.10.2016 einer AGB-Kontrolle nicht mehr standhalten und ab diesem Zeitpunkt unwirksam sein. Dabei ist besonders beachtenswert, dass eine geltungserhaltene Reduktion unzulässig ist und eine solche Klausel nicht auf Textformerfordernis reduziert werden kann, sondern insgesamt unwirksam ist.
Vertragsmuster müssen dementsprechend umgehend angepasst werden, da ansonsten ab dem 01.10.2016 nur die Verjährung noch hilft.
Die Neuregelung gilt jedoch nur für Verträge die ab dem 01.10.2016 geschlossen werden. Vorsicht ist aber dann geboten, wenn Altverträge nach dem 01.10.2016 geändert werden, auch wenn sich die Änderung auf ganz andere Bereiche des Vertrages bezieht. Die Grenze zwischen einer zulässigen Änderung und einem Neuabschluss des Vertrages ist nicht immer klar zu ziehen und birgt das Risiko dass die Ausschlussklausel eines Altvertrages mit der Änderung auch unwirksam wird.
Für tarifliche Ausschlussklauseln ist die Art der Bezugnahme entscheidend, selbst hier ist, abhängig von der Bezugnahme, ein Risikopotential. Und letztendlich wird die Neuregelung auch „Nebenwirkung“ auf allgemeine Schriftformklauseln haben, die ebenfalls als Standardklauseln in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen zu finden sind.
Als Fazit bleibt: Das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts zur Neufassung des § 309 Nr. 13 Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) birgt erhebliche Nebenwirkungen für das Arbeitsrecht, insb. die Ausschlussklauseln und Schriftformklauseln. Das Risiko liegt beim Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sollte zukünftig genau prüfen, ob er sich die Ausschlussfrist entgegenhalten lässt.
Aachen, im September 2016
Axel Kanert, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht