Symbol für Bankrecht

Der  durch  eine  irreführende  Blickfangangabe  verursachte  Irrtum  wird  auch  bei wirtschaftlich  bedeutsamen  Erwerbsvorgängen  regelmäßig  nicht  durch  einen Hinweis  am  Ende  eines  nachfolgenden  umfangreichen  und  unübersichtlichen Texts  ausgeräumt,  dessen  inhaltlicher  Bezug  zum  Blickfang  nicht  klargestellt wird.

Dies hat der BGH in seinem Versäumnisurteil vom 21.11.2017, Az. I ZR 53/16 entschieden.

 

In dem ausgeurteilten Fall, erhob die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, Klage gegen ein Immobilienunternehmen, welches auf einer im Februar 2015 aufrufbaren Seite ihres Internetauftritts Kapitalanlagen anbot.

Darin hieß es unter anderem:

„UNSERE KAPITALANLAGE

Die B. Immobilien  AG  ist  ein  stark  wachsendes  Immobilien – Unternehmen.

[…]  Zur  Finanzierung  des  nachhaltigen  Wachstums  bietet  die B.

Immobilien  AG  zwei  unterschiedliche  Immobilien -Kapitalanlagen  an:  HYPO FESTZINS und FESTZINS PLUS.

HYPO FESTZINS: 100% – Besicherung des Kapitals

Die Immobilien – Anleihe HYPO FESTZINS bietet Investoren einen Festzins. Das Besondere bei HYPO FESTZINS ist die 100% – Besicherung des Kapitals der Investoren.

B.FESTZINS PLUS: 5,75% bis 6,25% FESTZINS PRO JAHR

Die Immobilien – Kapitalanlage B. FESTZINS   PLUS   ist   als   Nachrangdarlehen  konzipiert.  Investoren  können  zwischen  3,  4  oder  5  Jahren  Laufzeit wählen.

INVESTOREN PROFITIEREN VON FOLGENDEN VORTEILEN: […]“

 

Es folgt eine textliche Beschreibung einzelner Aspekte der Anlageformen, die sich über mehrere, durch Herunterscrollen erreichbare Bildschirmseiten erstrecken. Die Ausführungen haben die Zwischenüberschriften „Festzins von 5,75 bis 6,25% pro Jahr“, „Auszahlung des Festzinses erfolgt 4-mal im Jahr“, „Inflationssicherungskonzept: 5% inflationsabhängiger Zusatzzins“, „Jahrzehntelange Erfahrung“, „Gesetzliche Kontrolle“, „Detaillierte Informationen“, „Erfahrene Experten“, wobei den letzten vier Zwischenüberschriften ein kreisförmiges Symbol mit der Aufschrift „Sicherheit“ vorangestellt ist. Als letzter Hinweis vor dem Impressum erfolgt ein „Risikohinweis“ folgenden Inhalts:

„Bei der Kapitalanlage B. Festzins Plus der B. Immobilien AG handelt es sich nicht um eine so genannte mündelsichere Kapitalanlage, sondern um eine Kapitalanlage in Form eines Nachrangdarlehens. Bei dieser Anlage kann ein Verlust des eingesetzten Darlehensbetrags, auch ein Totalverlust, grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für die Verzinsung. Das Angebot ist nur für Darlehensgeber geeignet, die dieses Risiko tragen und einen Totalverlust verkraften können. Das Nachrangdarlehen soll der B. Immobilien AG wie Eigenkapital zur Verfügung stehen. Darlehensgeber treten daher im Rang hinter die Forderungen aller anderen bestehenden und künftigen Gläubiger der B. Immobilien AG zurück. Die Forderungen der Gesellschafter der B. Immobilien AG sind gleichrangig. Der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens sowie auf Zahlung von Zinsen kann nicht geltend gemacht werden, solange und soweit dieser zu einer Zahlungsunfähigkeit, bilanziellen Überschuldung oder zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens der B. Immobilien AG führen würde. Ein Anspruch auf Tilgung und Verzinsung des Darlehens besteht nur bei ausreichender Liquidität der B. Immobilien AG unter Berücksichtigung vorrangiger Gläubiger und einem entsprechendem Gewinn zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Zinsen bzw. des Darlehens. Jedem Anleger wird geraten, sich vor Eingehen der Kapitalanlage von einem fachkundigen Dritten, zum Beispiel einem Steuerberater oder Rechtsanwalt, beraten zu lassen.“

Die Klägerin hält die Werbung für das Angebot „B. Festzins Plus“ für irreführend, weil sie über das Ausfallrisiko für die Zinszahlungen aus dem Nachrangdarlehen täusche.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zu neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

 

Begründung:

Zur Begründung führt der BGH aus, dass die im Blickfang der Werbung verwendete Bezeichnung „Festzins plus“ objektiv unrichtig ist, weil sie eine Sicherheit der für das Darlehen anfallenden Zinszahlungen suggeriert, obgleich die Zinszahlung tatsächlich von der Solvenz des Darlehensnehmers abhängt, sondern mit der Erwirtschaftung eines hinreichenden Gewinns des Darlehensnehmers steht und fällt. Es handelt sich mithin nicht um einen festen, also einen – vorbehaltlich der Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers – über die Laufzeit des Darlehens unverändert gezahlten Zins. Vielmehr ist der Zins von der Ertragslage des Darlehensnehmers abhängig und kann daher nachträglichen Veränderungen unterworfen sein.

Der in der Werbung gegebene Risikohinweis ist zu Beseitigung des durch den im Blickfang verwendeten Begriff „Festzins plus“ hervorgerufenen Irrtums über die Risikolage nicht geeignet.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann in Fällen, in denen der Blickfang für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat. […]

Die beanstandete Werbung genügt dem Erfordernis nicht. Zwischen der für sich genommen unzutreffenden Angabe „Festzins“ und dem „Risikohinweis“ am Ende der Werbung befinden sich in erheblichem Umfang textliche Hinweise. Diese enthalten zudem eine Anzahl positiver Ausführungen, die die Solidität der Anlageform betonen und das Risikobedenken des Verbrauchers entgegenwirken sollen […].

Ist der am Ende der Werbung gegebene Risikohinweis nicht geeignet, den durch die Bezeichnung „Festzins plus“ hervorgerufenen Irrtum des Verbrauchers über die Sicherheit der Zinszahlungen auszuräumen, droht die Gefahr, dass der Verbraucher aufgrund der Werbung der Beklagten eine nicht hinreichend informationsgeleitete Anlageentscheidung trifft.

[…]

BGH, Versäumnisurteil vom  21.11.2017, AZ. I ZR 53/16

(Abrufbar unter: http://www.bundesgerichtshof.de)

 

Das obige Urteil verdeutlicht die Gefahren von gezielter Werbung im Blickfang, welche gerade bei online Angeboten häufig Anwendung finden. Darüber hinaus aber auch in Broschüren zu finden sind.

Häufig lassen sich Kunden durch gezielt positive Werbung dazu verleiten langjährige Investitionen zu tätigen, welche sich im Nachhinein als unsicher, unrentabel oder sogar als Kostenbelastung herausstellen.

Eine Loslösung von diesen Fällen ist in vielen Fällen ohne fachanwaltliche Hilfe nur schwer bis gar nicht möglich.

Für Anlageberater besteht demgegenüber die Gefahr, durch unrichtige Werbung abgemahnt zu werden und sich darüber hinaus kostenintensiven rückforderungs Prozessen aussetzen zu müssen.

 

Unser Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Martin Speicher , hilft Ihnen gerne mit seiner jahrelangen Erfahrung bei der rechtssicheren Bearbeitung von Fällen im Finanzbereich.

 

Für Fragen rund um das Thema gewerblichen Rechtsschutz/IT-Recht steht Ihnen gerne unser Rechtsanwalt Matthias Draheim zur Verfügung.

 

Aachen im Februar 2018

 

Draheim, Rechtsanwalt